30.04.2023 Antrag auf Umsetzung des „Blue Green Street Konzeptes“ bei zukünftigen Straßenplanungen (Neubau / Sanierung)

Der Stadtrat möge beschließen, dass die Stadt Nierstein bei der zukünftigen Straßenplanung, dass sog. Blue Green Street Konzept umsetzt.

 

Begründung

Mehrere sich überlagernde Entwicklungen erzwingen ein Umdenken bei der Straßenraumgestaltung in Gemeinden und Städten. Nun müssen wir als Kommune mit hoher Dringlichkeit Konzepte zum Klimaschutz und zur Klimafolgenanpassung entwickeln und umsetzen. Diese Erkenntnis ist mittlerweile weitestgehend unstrittig. Besonders in dicht bebauten Wohngebieten führt die Zunahme lokaler Starkregenereignisse zu Überlastungen der Kanalisation. Vermehrt auftretende Temperaturrekorde, Hitzewellen und langanhaltende Trockenphasen erfordern aktive Maßnahmen zur Hitze- und Trockenheitsvorsorge in urbanen Gebieten. Die Herausforderungen für unsere Gemeinde, wie z.B. Mobilitätswende, die Hitze und Überflutungsvorsorge, die Sicherung eines vitalen Straßengrüns sind vielfältig und werden sich in naher Zukunft durch den Klimawandel und die zunehmende Nachverdichtung noch verstärken.
Blaue Ziele tragen dazu bei, Straßenräume wassersensibel zu gestalten und wasserwirtschaftliche Verbesserungen in Straßenräumen zu erreichen (blue).
Grüne Ziele sind zur Verbesserung der Vitalität der Vegetation, zur Schaffung qualitätsvoller Aufenthalts- und Begegnungsräume und die Umsetzung freiräumlicher Ziele im Straßenraum. Sie leisten so einen Beitrag zur Steigerung der Aufenthaltsqualität (green).
Verdunstung und Verschattung tragen zur Hitzevorsorge bei (cool).
Dabei sollten folgende Schwerpunkte verfolgt werden:

1. Einbau von Versickerungsmulden mit Bäumen (vitaler Baumstandort) Zu den Vitalen Baumstandorten zählen hydrologisch optimierte Baumstandorte sowie Baumrigolen mit und ohne Speicher. Durch ein verbessertes Wasser-, Luft- und Platzangebot stellen die Vitalen Baumstandorte u.a. ihre Verdunstungsleistung zur Verfügung und tragen durch Verschattung wesentlich zur Kühlung von
Straßenräumen bei.

2. Einbau von Elementen der Verdunstung Darüber hinaus zählen Verdunstungsbecken und Beete, Pergolen, Grüne Wände und Fassadenbegrünungen (boden-, wandgebunden) zu den Elementen der Verdunstung. Sie besitzen, wie Bäume, bei guter Wasserversorgung eine hohe Verdunstungsleistung. Damit tragen sie zur Abkühlung der Umgebungsluft an heißen
Tagen bei und fördern die Aufenthaltsqualität im Straßenraum.

3. Einbau von Elementen zur Versickerung Zu den Elementen der Versickerung zählen Versickerungsmulde, Tiefbeete und wasserdurchlässige Bodenbeläge. Durch ihre Versickerungsleistung unterstützen sie den natürlichen Wasserkreislauf und leisten gleichzeitig einen Beitrag zur Überflutungs- und Hitzevorsorge. Auch werden durch die Versickerungsmaßnahmen
Kanalquerschnitte reduziert und Abwasserkosten eingespart.

4. Einbau von Elementen der Starkregenvorsorge Sofern bereits eine Überflutungsproblematik in Ihrem Planungsgebiet bekannt ist bzw. ein hohes Risiko für eine Überflutung durch Starkregen vermutet wird, bietet sich die Nutzung von Elementen der Starkregenvorsorge an, um dieses Risiko zu reduzieren. Dazu zählen die Rückhaltung im Freiraum und Blue Streets – beides sind Elemente bzw. Planungsansätze, die Straßen, Plätze oder angrenzende Grün- und Freiflächen nutzen, um größere Niederschlagsmengen temporär zurückzuhalten bzw. sicher abzuleiten. Erheblich ist auch die Verminderung des Schadenspotentials an Gebäuden durch Überflutungen, sowie die Reduzierung von Leistungen wichtiger Akteure, wie der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, der Wasserbehörden und
den kommunalen Abwasserbetrieb.

Bei der Umsetzung des vorher beschrieben Konzeptes, entstehen weitere Synergien wie z.B.:
 Die Schaffung von Baumstandorten ist gut kombinierbar mit Maßnahmen der Verkehrsberuhigung. Dazu zählen Versätze, (asymmetrische) Engstellen, Baumtore sowie Einengungen der Fahrbahn. Zu beachten ist dabei, dass Bäume vor Anfahrtschäden und parkenden Kfz geschützt werden.
 Barrierefreiheit Vielerorts sind Straßenräume noch sehr stark an die Bedürfnisse des Kfz-Verkehrs angepasst. Mit der Umsetzung der geänderten Flächennutzung, können Planer:innen gezielt auf die sich verändernden Anforderungen einer alternden Gesellschaft und jene von Menschen mit Behinderungen eingehen.
 Verkehrsberuhigung 1. Verkehrsberuhigungsmaßnahmen zusammen mit blau-grünen Elementen tragen mit dazu bei, Straßenräume attraktiver für den Fuß- und Radverkehr zu machen.
2. Niedriges Fahrtempo, dass durch Verkehrsberuhigungen entsteht, reduzieren nachweislich den Platzbedarf des fließenden Kfz-Verkehrs und schafft so Flächen für blaugrüne Elemente.
3. Der für die Umsetzung einer Verkehrsberuhigung häufig erforderliche Rückbau von Verkehrsflächen kann mit der Errichtung von blau-grünen Elementen verbunden werden, wie z.B. Verschmälerung der Fahrbahn, Reduzierung der Fahrstreifen.
4. Verkehrsberuhigung verbunden mit Blau Grünen Elementen verbessert erheblich die Sicherheit im Straßenraum.
 Verbesserung des Mikroklimas
Kostendarstellung: Da das Konzept sowohl bei Neubau von Straßen als auch bei Sanierungsmaßnahmen von Bestandsstraßen Anwendung finden soll, entstehen fast keine „zusätzliche“ Kosten wie z.B. Kosten für Planung/Ausschreibung, Abbruch, Baustelleneinrichtung, Entwässerung etc., die über das übliche Maß hinausgehen.
Mehrkosten  Evtl. Mehrkosten für Planungsleistungen?  Mehrkosten zur Herstellung von vitalen Baumstandorten durch den Einbau von Baumrigolen / Betteinfassungen belaufen sich auf ca. 800,- bis 1500,- Euro je Standort (ca. 6-10m²). 10 Stück Versickerungsmulden = ca. 10.000,- Euro
Minderkosten  Durch den Wegfall von herzustellender Straßenflächen (kein Unterbau und kein Deckschicht aus Pflaster/Asphalt) reduzieren sich die Baukosten um ca. 150,-Euro je m² Straßenfläche. Beispiel: Wohnstraße mit 10 Stück Versickerungsmulden entspricht einer Fläche von ca. 50m² bis 80m² = ca. – 7.500,- Euro  Reduzierung von Abwasserkosten durch Versickerung
Nicht kalkulierbare Kosten / Werte  Mehrwerte durch Klimaverbesserung  Mehrwerte durch Qualitätsverbesserung des Umfeldes
 Mehrwert Verbesserung der Biodiversität

 

Die o.g. Maßnahme könnte alternativ im Rahmen der Kommunale Investitionsprogramm Klimaschutz und Innovation (KIPKI) gefördert und unterstützt werden.
Weitere Erörterungen erfolgen gegebenenfalls mündlich.
Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.

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